Etwas mehr Selbstbestimmung ist in der Pflege eine wichtige Richtlinie, an der sich die Pflegedienstmitarbeiter und die Helfer beteiligen sollen. Ganz sicher wollen die Beteiligten diese Maßnahmen für ihre Schützlinge auch umsetzen. Die Frage liegt häufig im organisatorischen Bereich, in den gesundheitlichen Befindlichkeiten oder im Mangel an finanziellen Mitteln, ob man all das realisieren kann.
Welche Gründe stehen für mehr Selbstbestimmung
Menschen, die von der Fürsorge und Betreuung anderer abhängig sind, haben das Bedürfnis selbst über sich entscheiden zu wollen. Diese Selbstverantwortung, die sie übernehmen wollen, ist verständlich und fördert auch das Selbstwertgefühl, die Selbstachtung und das Bedürfnis gehört zu werden. Man darf und sollte die Menschen unterstützen zu mehr Selbständigkeit, zum Erlernen von Fähigkeiten oder dazu, Fähigkeiten zu erhalten. Eine aktivierende Pflege ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal für eine gute Praxis. Warum sind diese Wünsche der Beteiligten nach mehr Verantwortlichkeit für sich selbst oft in der praktisch ausgeführten Pflege schwer umzusetzen?
Befähigung zur Entscheidung
Wenn gepflegte Personen in ihrer Wahrnehmung nicht umfassend alle gesundheitlichen Aspekte erfassen oder ihre Fähigkeiten überschätzen, dann liegt die Verantwortung bei den Pflegenden, inwieweit Unterstützung einer Aktivität oder eine Verhinderung der Aktivität den Bedürfnissen des Gepflegten mehr entspricht. Hier einige Beispiele: Wenn Kinder sich selbst überschätzen, darf man sie nicht alleine am Straßenverkehr teilnehmen lassen, Maschinen bedienen oder Werkzeuge verwenden lassen. Bei dementen Personen ist eine Regelung der Medikamenteneinnahme, der Nahrungsaufnahme und Pflege wichtig, wenn dies nicht mehr selbstverantwortlich unternommen wird. Wenn eine ansonsten verständnisvolle Person die Nahrung, die Medikamente oder den Schlaf verweigert, dann muss man oft auch einen gewissen Nachdruck durch Aufzeigen von Konsequenzen für die Gesundheit ausüben.
Organisatorisch ein Problem
In der Pflege sind häufig die unterschiedlichen Interessen von mehreren Personen unter einen Hut zu bringen. In der Gruppe kann es organisatorische Probleme geben, wenn sich Menschen für gegensätzliche Dinge entscheiden. Das Gruppenleben in der Gemeinschaft darf durch die Erfüllung der Bedürfnisse des Einzelnen nicht leiden. Häufig wird der schwächste und aufmerksamkeitsbedürftigste Mensch zum Zünglein an der Waage, bei Entscheidungen, welche Aktivitäten alle gemeinsam unternehmen können. Damit schafft man unbewusst Konflikte, weil die Bedürfnisse der anderen Bewohner darunter leiden. Um eine Person nicht zu überfordern wird die Unterforderung anderer Mitbewohner in Kauf genommen. Hier liegt ein großes Problemfeld. In der häuslichen Pflege ist dies besonders heikel, denn die gepflegte Person entscheidet quasi durch ihre Einschränkungen, innerhalb welcher Grenzen sich die Pflegenden bewegen können. Die Einschränkungen entscheiden darüber, welche Lebensqualität die Pflegeperson erlebt.
Letzten Endes liegen die Probleme im finanziellen Bereich
Wer sich die Situation in der Pflege anschaut, hat die Probleme und die Lösungen deutlich vor sich. Um Selbstermächtigung der gepflegten Personen anzustreben, ist eine individuelle Pflege nötig. Eine individuelle Pflege bedeutet, dass jeder Mensch eine genau auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Pflege erhält, die weder vom Gruppenzwang geprägt ist noch von Zeitzwängen, wenn die Pflegenden nur bestimmte Zeiten für die Verrichtungen am Gepflegten zugewiesen bekommen. Es muss deutlich mehr Mittel geben um auch die seelischen Bedürfnisse, Freizeitbedürfnisse und persönliche Wünsche der gepflegten Person erfüllen zu können. Das bedeutet auch auf die häusliche Pflege angewandt, dass eine Entlastung der Hauptpflegeperson durch unterstützende Budgets wichtig ist, damit die Beständigkeit der Pflege gesichert wird und auch unbedingt die Gesundheit der Pflegeperson geschützt und erhalten wird.